Laut Hessischem Hochschulgesetz soll auf Tierversuche in der Lehre sowie auf die Verwendung von toten Tieren möglichst verzichtet werden. An der Universität Gießen geht der Trend in Richtung Alternativmethoden. Die Corona-geschuldete Zunahme digitaler Formate trägt ihren Teil zu dieser Entwicklung bei. 2020 sind mehr als 200 Wirbeltiere weniger in der Lehre eingesetzt worden als noch 2018. Insgesamt liegt die Zahl gemeldeter Versuchstiere im Rahmen der studentischen Ausbildung bei 270 (2018: 474) – darunter fallen etwa Pferde, Hunde, Katzen, Vögel, Mäuse und »andere kleine Säuger«.
»Generell ist festzustellen, dass in allen Bereichen versucht wird, auf tierersetzende Methoden umzusteigen«, sagt Alexander Goesmann, der Vizepräsident für wissenschaftliche Infrastruktur. Neben Computersimulationen kämen Filme und andere digitale Modelle zum Einsatz, was sich »an vielen Stellen bereits bewährt« habe.
»Klassische Tierversuche« gibt es noch in der Biologie und der Veterinärmedizin, allerdings auch allerhand »tierersetzende Methoden«. So werden etwa im Fachbereich Biologie seit Jahren Simulationen zur Herzphysiologie routinemäßig durchgeführt: »Somit konnte ein Tierversuch, beziehungsweise eine Tiertötung und anschließende Organentnahme zu Lehrzwecken, vollständig ersetzt werden.« Darüber hinaus werden im Biologie-Studium laut Rücklauf an die Tierschutzbeauftragten »die nötigen wissenschaftlichen Kenntnisse in Anatomie, Histologie und Physiologie an Organen und toten Tierkörpern vermittelt sowie stoffwechselphysiologische Beobachtungen an Fischen durchgeführt«. Studierende, die sich für eine Spezialisierung im Fach Immunologie entscheiden, lernen außerdem Techniken zur Präparation von Organen der Maus.
Auch in der Veterinärmedizin erhalten inzwischen zahlreiche Alternativmethoden den Vorzug. Seit 2020 wird etwa auf die Übung zur Magen-Darm-Physiologie an Ratten verzichtet. Die Wirbeltiere in den Präparierkursen stammen aus der Pathologie oder sind von Tierärzten aus Krankheitsgründen eingeschläfert worden. Zugekauft werden nur Schafe und Hühner, die aus Alters- und Krankheitsgründen aus landwirtschaftlichen Betrieben abgegeben wurden. Für den Praktikumsversuch werden laut der erhobenen Zahlen keine Tiere getötet. Die Pferde-Klinik setze auf »Schlachthofmaterial« zur Übung von Injektionen und Ultraschalluntersuchungen.
In den Agrarwissenschaften wird zu »Demonstrationszwecken« auf »Schlachthof- und Kadavermaterial« zurückgegriffen. Ebenso im Medizinstudium. Übungen, bei denen früher Tierversuche durchgeführt wurden – etwa zu Nerven, Muskulatur und Herz – sind durch digitale Simulationen ersetzt worden.
Weitere Informationen unter: https://www.giessener-anzeiger.de/stadt-giessen/uni-giessen-weniger-tierversuche-in-der-lehre-91186479.html