Neue 3R-Schulungen und Film zur tierleidfreien Lehre – Bericht vom EUSAAT-Kongress

Vom 26. – 28. September fand nach Corona-Pausen wieder ein Kongress der European Society for Alternatives to Animal Testing in Linz statt. Endlich, nach zwei Jahren Coronabeschränkungen und zahllosen Meetings und Kongressen online, konnten sich (Nachwuchs)Forscher:innen, Vertreter:innen von Regulationsbehörden und NGOs wieder persönlich austauschen. Dr. Claudia Gerlach von SATIS war dabei und informiert in diesem Bericht über den Dokumentarfilm von InterNiche zum tierleidfreien Studium der Veterinärmedizin und über die Neuigkeiten zu 3R-Schulungen.

Dokumentarfilmreihe zum tierleidfreien Studium der Veterinärmedizin

Abb. 1: Hunde-Chirurgiemodell von Syndaver. Das Trainingsmodell bietet eine hohe Wiedergabetreue mit anpassbaren Pathologien und einem vollständigen Gefäßsystem. Es ermöglicht wiederholbare chirurgische Eingriffe und simuliert Situationen, die im Operationssaal häufig vorkommen. Bild: mit freundlicher Genehmigung von Syndaver, Quelle: https://syndaver.com

Nick Jukes von InterNiche stellte seine produzierte Dokumentarfilmreihe über tierleidfreie Innovationen in der Aus- und Weiterbildung von Tierärzt:innen dar. Die Hauptzielgruppe der Filmreihe sind Kursleiter:innen, Abteilungsleiter:innen und Studierende. Der Dokumentarfilm basiert auf Besuchen an Universitäten weltweit. Vorgestellt werden ausgewählte Fakultäten, die an der Spitze des fortschrittlichen Wandels in der tiermedizinischen Lehre stehen. Der Film enthält Interviews mit Dozenten, Studierenden und Produzenten. Demonstrationen und Studentenpraktika veranschaulichen den Einsatz der Methoden, von der vergleichenden Anatomie bis zur Bauch-Chirurgie. Die Palette der Instrumente umfasst virtuelle Labore, Simulationssoftware für Anatomie, Physiologie und Pharmakologie, Tierkörperspendenprogramme, synthetische Modelle, Simulationsmodelle für klinische und chirurgische Fertigkeiten und Szenarie-basierte simulierte Kliniken für die innere Medizin. Der Dokumentarfilm bietet einen umfassenden Überblick und mehrere Fallstudien über humane Instrumente zur besseren Erfüllung der Lehrziele. Er untersucht die pädagogischen, wissenschaftlichen, ethischen, wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile dieser Innovationen. Gezeigt wurde ein kurzer Ausschnitt zum Hunde-Chirurgiemodell von Syndaver (siehe Abb. 1), mit dem die hochriskanten Eingriffe im Bauchraum trainiert werden können.

Neuigkeiten von 3R Schulungsplattformen

Susanna Louhimies, Mitglied der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission, berichtete darüber, dass derzeit 13 neue E-Learning-Module für die Informationsplattform ETPLAS – Education and Training Platform for Laboratory Animal Science – entwickelt werden. Denn während Ausbildung und Training gemäß der EU-Richtlinie zum Schutz der für wissenschaftlichen Zwecke verwendeten Tieren in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fällt, gibt die EU einen Rahmen vor. Die Teilnahme ist jedoch freiwillig. Bisher sind zwei der sechs englischsprachigen Module für den Ersatz von Tierversuchen relevant: „EU-52: Searching for (existing) non-animal alternatives“ und „EU-60: Developing in vitro methods and approaches for scientific and regulatory use”. Weiterhin werden Lehrmaterialien für die Vermittlung der 3R-Prinzipien für die Sekundarstufe sowie Studierende der ersten Semester entwickelt sowie Informationen über Karrieremöglichkeiten im Bereich der 3R bereit gestellt.

Das niederländische TPI (Transition Programme for Innovation without the use of animals) will den Übergang zur tierversuchsfreien Innovation, wie Organ-on-a-Chip oder künstlicher Intelligenz beschleunigen. Seit 2018 streben die Partner des Programms aus Regierung, Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft die Entwicklung verschiedener Methoden im Bereich der Sicherheit von Chemikalien sowie der Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten an. Ziel ist es, Raum für Modellentwicklung zu schaffen und das Vertrauen in diese Methoden zu stärken. Den Kern des TPI bilden zehn Partner, die sich zusammengeschlossen haben, um das Ziel der Niederlande zu erreichen, beim internationalen Übergang zu tierversuchsfreien Innovationen eine Vorreiterrolle zu spielen. Die Mischung aus verschiedenen Forschungsbereichen, Sektoren, Technologien und politischen Dossiers erhöhen die Chancen für tierfreie Innovationen. Für das Partnerprogramm ist das Ministerium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität zuständig. Es organisiert regelmäßige Konsultationen zwischen den Partnern und erleichtert auch die Konsultation mit anderen Ministerien, die sich mit Alternativen zur Tiernutzung und tierfreien Innovationen befassen.

2022 wurde Young TPI gegründet, eine Gruppe motivierter junger Fachleute, Doktorand:innen und Studierenden mit unterschiedlichem Studien- und Berufshintergrund aus den Niederlanden, aber auch anderer europäischer Länder, vor allem Deutschland und Belgien. Sie verbindet das Bestreben, zur Beschleunigung des Übergangs zu Innovationen ohne Versuchstiere beizutragen, indem sie anderen jungen Menschen Anregungen geben und sie frühzeitig für tierfreie Optionen sensibilisieren. Weiterhin bauen sie ein Netzwerk auf und stellen einen Raum für den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Menschen bereit, die mit tierfreien Innovationen arbeiten und/oder daran interessiert sind. Sie bieten Unterstützung bei der beruflichen Entwicklung, verschaffen sich innerhalb der bestehenden Strukturen Gehör und suchen nach neuen Kooperationen. Sie veranstalten mindestens zweimal im Jahr Aktivitäten, über die sich Interessierte auf der LinkedIn-Seite von TPI oder über das Registrierungsformular der Webseite informieren können. Young TPI freut sich über neue Mitglieder aus ganz Europa und auch weltweit.

Das 3R-Zentrum in Gießen (Interdisciplinary Centre for 3Rs in Animal Research, kurz ICAR3R) hat nun ein 3R-Skills Lab Improve your Skills für (angehende) Forscherinnen und Forscher eingerichtet. Das Hauptziel ist, für die 3R zu sensibilisieren und die Bereitschaft zu fördern, den Einsatz von Tiermodellen zu überdenken. Kenntnisse und Fähigkeiten werden durch die Arbeit an Stationen vermittelt.

Die Tierärztliche Hochschule Hannover und die Philipps-Universität Marburg arbeiten an dem Projekt 3R-SMART, einer 3R-Schulungs-Plattform, vorgestellt von Dr. Melissa Valussi, um die 3R-Forschungsaktivitäten von verschiedenen Stakeholdern zu unterstützen. Kernstück ist die im Aufbau befindliche Plattform www.3R-smart.de, die Schulungswerkzeuge für Studierende, Wissenschaftler:innen, technisches Personal, öffentliche Einrichtungen, Regulierungsbehörden, Unternehmen und Ethikkommissionen zur Verfügung stellt. Weiter geplant sind 3R-Seminare, ein Lehrplan, der in Lehrveranstaltungen der Labortierkunde integriert werden kann und der Aufbau eines europaweiten 3R-Netzwerks. Die Website bietet nicht nur Inhalte über alternative Methoden in Form von Texten, Erklärvideos oder Aufzeichnungen von Vorträgen, sondern auch News und Updates.